Erlebnisbericht Euro Cup O Jolle 2021 am Gardasee

 

Die O Jolle ist mit Sicherheit eine zeitlose Jolle, wurde für die Olympischen Spiele 1936 konstruiert und ist somit ein legendäres Boot für Einhandsegler.

Fan´s von Einhandjollen sollten es also auf jeden Fall auf der Liste haben und es mal ausprobieren.

Mein langjähriger Freund und Segelkamerad André Räder hat 2019-20 mit seinen Kenntnissen als gelernter Bootsbauer eine Vollholz O Jolle toll restauriert und ist somit auf den Geschmack gekommen, die in Schwerin leider ausgestorbene O Jollen Szene wieder zu beleben. Schnell fand sich ein Käufer für das Schmuckstück und mit dem Erlös wurde in ein konkurrenzfähiges Boot für die Teilnahme an der IDM 2020 in Steinhude investiert.

Nicht nur ich, sondern auch alle anderen Vereinskameraden habe seine Aktivitäten in der für Ihn neuen Bootsklasse aufmerksam verfolgt, denn 2019 konnte er seine Erfahrungen im 20er Jollenkreuzer mit einem Deutschen Meistertitel unterstreichen.

Da das Einhandsegeln im Schweriner Yachtclub eine sehr lange Tradition hat waren André´s O Jollen Aktivitäten besonders von Interesse.

Schnell stand fest, dass die O Jolle wohl sein neues Regattaboot werden würde, und er beschloss sich auf die Euro am Gardasee gewissenhaft vorzubereiten.

Dies als Vorwort, kam ich nun auf den Plan, denn allein ist es schwer herauszufinden, wie gut man sein Sportgerät beherrscht.

André investierte in ein zweites Boot und somit konnten wir zum einen einige großartige Stunden gemeinsam auf dem Schweriner See verbringen und auch mal verschiedene Materialien und Einstellungen testen. Insbesondere durch die vielen pandemiebedingten Regattaabsagen war das Segeln auf dem heimischen Revier somit eine richtig schöne Abwechslung zum Alltag und hat uns viel Freude gemacht.

Leider viel der Pandemie auch meine Höhepunkt Regatta die OK Dinghy  WM am Gardasee zum Opfer und es stand die Frage im Raum, ob man den Gardasee Urlaub dann nicht auf die gemeinsame Teilnahme an der O Jollen Euro umbuchen sollte.

Gedacht und getan, also kurzerhand gemeldet, Unterkunft gebucht und die beiden Boote weiter optimiert. Eine O Jolle gut zu beherrschen, erfordert ein sehr spezielles Wissen für alle notwendigen Trimmeinstellungen und wir waren sehr gespannt ob unsere Segelerfahrungen sich hier als konkurrenzfähig erweisen würden.

Nach einer durch den Urlaubsreiseverkehr versüßten sehr langen Anreise waren wir etwas genervt, aber das Sommerwetter und die wunderschöne Kulisse am Gardasee haben uns bei Ankunft sofort entschädigt.

Anmeldung und Vermessung funktionierten problemlos und schon hier zeigte sich, dass die verantwortlichen des Malcesine Segelclubs und vor allem auch die O Jollen Segler selbst alles besten vorbereitet hatten.

Am Sonntag noch ein kleiner Testschlag bei mäßiger und spät einsetzender Ora (klassischer Südwind auf dem Gardasee) und danach Studium der Segelanweisung und Pläne schmieden, wo und wie man besten aufkreuzt. Überlieferungen und eigenen Erfahrungen bei Südwind sollten das Feld auf die linke Seite treiben. 

Der wichtigste Faktor bei 80 Booten und einer ziemlich klaren Seitenwahl sollte aber wohl der Start sein. Da waren wir beide gespannt wie diszipliniert das ganze wohl abgehen würde.

Der erste Wettfahrttag brachte dann auch gleich mal nicht das was wir erwartet hatten.

Der Nordwind wollte einfach nicht weichen und so gingen wir um 13 Uhr Richtung Torbole auf den Weg. Die Linie war klar in Lee bevorteilt und es schien als wäre die erste Tonne mit einem einzigen Schlag auf Steuerbord erreichbar.

Nicht gerade das was man sich für ein schönes Rennen wünscht.

Die Strömung aus Windrichtung machte es den Booten an der Leetonne sehr schwer über die Linie zu kommen, die Boote etwas weiter in Luv kamen daher gut vom Start weg und konnten auch gleich Wenden, der Rest des Rennens entwickelte sich zur Einbahnstraße und der da der Nordwind nun weniger wurde schafften wir es gerade noch zum Ziel welches an der 2. Leetonne abgekürzt wurde.

Etwas Wartezeit und der einsetzende Südwind bescherte uns noch ein zweites Rennen am Montag.

Mit Platz 1 und 2 in der 2. Wettfahrt waren die André´s aus Schwerin dann sehr zufrieden.

Abends dann die offizielle Eröffnung und ein nettes Beisammensein bei leckeren Häppchen und Getränken.

Dienstag dann leichter Wind aus Süd – schöne Ora = Fehlanzeige!

Die linke Seite war dann auch nicht wirklich bevorteilt und man musste die Jolle am laufen halten – für mich als Neueinsteiger besonders anspruchsvoll und klar haben wir in Schwerin auch nur trainiert wenn ordentlich Wind war.

Der Tag ging mit Abstand an Jürgen Alberty der sein können in diesem Windbereich damit unterstrich.

Abends dann ein sehr schönes Nudelessen mit interessanten Tischnachbarn und Gesprächen.

Mit 5 Wettfahrten im Sack hieß es dann am Mittwoch Reservetag und frei für Aktivitäten mit den Familien, Frauen und Freunden.

Ich habe schon lange die Wanderung zur Kapelle Santa Barbara in Riva auf dem Plan gehabt und so konnte ich mit meiner lieben Kathrin endlich das Projekt in Angriff nehmen und erfolgreich mit tollem Ausblick auf das Tal und den Monte Brione sowie einem riesen Eisbecher abschließen.

Am Donnerstag dann mit 3 Wettfahrten eine Vorentscheidung für die Vergabe der Medaillen.

Im Rennen 6 erkannten scheinbar nur wenige den nun entscheidenden Vorteil der linken Seite.

Im Rennen 7 dann schon etwas mehr und im Rennen 8 war nun allen klar – es geht nur über links. Entsprechend verschlechterten sich meine Ergebnisse kontinuierlich von 1 auf 3 und dann noch ein 9. Platz

Ein sehr guter Start war Rennentscheidend und bei meinen holländischen Mitstreitern um die Medaillen, ging der Trend eher nach oben.

Vor dem letzten Tag hatte ich dann etwas Lampenfieber, denn wenn ich in meiner Laufbahn vor dem letzten Tag vorn war, habe ich es meist vergeigt und es liegt mir viel mehr am letzten Tag noch Boden gut zu machen.

Freitag gab es dann mal ne ordentliche Ora, das war so gar nicht angesagt – aber so kenne und liebe ich den Gardasee.

Ob mir das auch in der O Jolle den entsprechenden Vortrieb geben würde, war unklar, denn ich hatte sie bei solchen Bedingungen auch noch nicht bewegt.

Die Testhalse vor dem Start habe ich dann mal ausgelassen, denn ich hörte, dass eine Kenterung sicher schwer zu händeln sein würde.

Der Wind ließ dann im Rennverlauf etwas nach und mit dem Rennmodus klappten auch die Halsen mehr oder weniger gut – auf jeden Fall keine Kenterung – hatte ich doch vor dem Rennen schon mal eine Kuhwende getestet.

Mit 2 Tagessiegen konnte ich meine gute Serie abschließen und der andere André sich mit 2-mal Platz 3 noch auf dem Gesamtrang 4 verbessern. Aus Schweriner Sicht also ein toller Erfolg und aus meiner Sicht eine aufregende Erfahrung mit einem sehr anspruchsvoll zu segelndem Boot und sehr starker Konkurrenz.

Am Abend dann eine würdevolle Siegerehrung und der wohl größte Wanderpokal den ich je gewonnen habe.

Dazu als Preis dann noch ein tolles Bild, dessen Entstehung mir noch nicht verraten wurde.

Ich werde Herbert K. dazu nochmal privat befragen.

Nach der Siegerehrung gab es noch ein Italienisches 4 Gang Menü vom Feinsten.

Es bleibt mir abschließend nur Dank zu sagen, für die ereignisreiche Woche die bestens organisiert und durchgeführt wurde.

Dir André R. danke, dass Du mir Dein Boot zur Verfügung gestellt.

 

 

Euer André B. aus Schwerin der auf GER 1450 viele glückliche Stunden verbracht hat